Hier ein Beitrag von mir aus einem nicht mehr existierenden Kickboxing-Blog zum Thema Karate und Kickboxen:
Da das Kickboxen seine Wurzeln in den verschiedenen ostasiatischen Kampfkünsten wie Kung Fu, Tae Kwon Do, Karate und dem westlichen Boxen hat sollte es doch auch einige Gemeinsamkeiten geben, oder?
Da das Kickboxen seine Wurzeln in den verschiedenen ostasiatischen Kampfkünsten wie Kung Fu, Tae Kwon Do, Karate und dem westlichen Boxen hat sollte es doch auch einige Gemeinsamkeiten geben, oder?
Bei den meisten Leuten sind verschiedene Klischees weit verbreitet…
…Karate, das ist doch wo man Bretter zerschlägt…
…Kickboxer, das sind doch alles brutale Schläger…
Interessanterweise sind solche Klischees selbst unter verschiedenen Kampfsportlern weit verbreitet. Doch ist das wirklich so? Da ich sowohl (Shôtôkan) Karate als auch Kickboxen betreibe, kann ich kurz und knapp mit „NEIN“ antworten.
In Wirklichkeit stehen Karate sowie das Kickboxen für etwas ganz anderes. Im Karate insbesondere im Shôtôkan Karate werden im Training und im Wettkampf Faust- und Fußstöße vor dem Auftreffen abgestoppt, sodass die Techniken nicht voll durchgezogen werden. Dies setzt Selbstdisziplin, Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Partner sowie eine (sehr) gute Körperbeherrschung voraus. So manchem Kickboxer könnte diese Art des Kämpfens bekannt vorkommen, auch beim Kickboxen existiert solch eine Art des Wettkampfs, das sogenannte Point-Fighting.
Beim Point-Fighting werden verschiedene Techniken die ein bestimmtes (erlaubtes) Angriffsziel, sauber, klar und mit kontrolliertem Kontakt treffen mit Punkten bewertet. Die Punktevergabe erfolgt sofort im Anschluss eines Treffers, d.h. der Kampf wird kurz für die Wertung der Technik unterbrochen. Genau nach diesem Prinzip funktioniert auch das Kumite (der Kampf) im Shôtôkan (Wettkampf) Karate. Dies wird wohl auch der Grund sein, warum man den ein oder anderen Karateka (Karate-Betreibender) bei dieser Kickbox-Disziplin antrifft.
Darüber hinaus existieren natürlich weitere „Wettkampf“-Disziplinen, im Karate die Kata eine Art Kür in der verschiedene Technikabfolgen durchgeführt werden. Diese Form des Wettkampfs stellt einen Kampf gegen verschiedene imaginäre Gegner dar. Im Kickboxen existieren noch weitere Disziplinen wie das Leichtkontakt-Kickboxen und das Vollkontakt-Kickboxen. Auch im Karate existieren verschiedene Stilrichtungen in denen Vollkontakt-Kämpfe durchgeführt werden (Kyokushin, Ashihara, etc.)
Doch auch wenn es Vollkontakt-Disziplinen gibt, geht es weder beim Karate noch beim Kickboxen darum sich Sinnlos zu schlagen. Vielmehr umfasst das Training beider Sportarten den gesamten Körper fördert die Kondition, Koordination, Beweglichkeit, Schnellkraft, Kraftausdauer und Reaktion. Das Training umfasst also den gesamten Körper, verbessert alle motorischen Eigenschaften und fördert das Selbstvertrauen.
Doch wo ist nun der eigentliche Unterschied? Der Unterschied dieser doch sehr ähnlichen „Sportarten“ liegt wohl in dem (nicht) Vorhandensein einer Philosophie. Wo beim Kickboxen eher ein sportlicher Charakter im Vordergrund steht existiert beim Karate ein wichtiger philosophischer Charakter, was wohl den Unterschied vom Kampfsport zu einer Kampfkunst ausmacht. Natürlich muss man hier auch erwähnen, dass in der heutigen Zeit und im modernen Karate der philosophische Aspekt stark leidet, wenn nicht sogar vernachlässigt wird. Dennoch wird beim Karate sehr viel Wert auf Etikette und Disziplin gelegt, dies spiegelt sich schon in verschiedenen Ritualen wieder. So wird zum Beispiel zu Beginn und am Ende einer Trainingseinheit ein Ritual vollzogen, bei welchem das Dojo (die Übungsstätte), der Sensei (Lehrer, Meister) sowie die mitübenden Karatekas (Karatebetreibenden) geehrt bzw. gegrüßt werden.
Auch verschiedene Grundsätze wie zum Beispiel die 20 Regeln von Gichin Funakoshi (Begründer des Karatestils Shôtôkan) unterstreichen den philosophischen Charakter des Karate. Hier ein paar für mich wichtige Grundsätze aus Funakoshi Senseis Regeln:
- Karate beginnt mit Respekt und endet mit Respekt.
- Im Karate gibt es keinen ersten Angriff.
- Lerne deinen Geist zu kontrollieren und befreie ihn dann.
- Karate üben heißt, ein Leben lang arbeiten. Darin gibt es keine Grenzen.
Natürlich gibt es auch beim Kickboxen verschiedene Grundsätze, wie zum Beispiel die Grundsätzliche sportliche Fairness, die auch wichtig sind. Jedoch steht hier die Schulung des Körpers im Vordergrund, wobei im Karate eben auch der Geist geschult werden soll.
Im Endeffekt muss jeder für sich selbst entscheiden, was für ihn/sie das richtige ist. Ich für meinen Teil kann aber sagen, dass mich sowohl das Karate beim Kickboxen weiter bringt wie auch das Kickboxen beim Karate. Für mich ist Karate und Kickboxen eine gute Kombination.